Hi Sunny,
also machen wir es mal "mittelkurz".
Für erste Versuche (um einfach mal ein selbsterstelltes Stereobild zu betrachten) ist der Aufwand herzhaft gering. Du benötigst nur
- deine Kamera
- eine kostenlose Software
- eine billige Filterbrille.
Zur Vorgehensweise:
1. Voraussetzungen: Das Bildmotiv muss unbeweglich sein, also möglichst keine Menschen, Tiere, Autos, möglichst windstiller Tag. Einzelne bewegte Objekte in weiter Entfernung sind aber kein Problem, da sie den Bildeindruck nur wenig stören. Das Motiv muss natürlich "Tiefe haben", d.h. Objekte in unterschiedlichen Entfernungen beinhalten. Allerdings sollten die Abstandsunterschiede zwischen den relevanten Bildteilen nicht zu krass sein - wenn du z.B. einen Baum vor den Bergen im Hintergrund fotografieren willst, solltest du nicht näher als ca. 2 m herangehen. Wenn du dagegen die Ordnung auf deinem Schreibtisch dreidimensional verewigen willst, darf natürlich das näheste Objekt z.B. 30 cm Abstand haben und das entfernteste z.B. 2 m.
2. Fotos aufnehmen: Es geht darum, zwei Bilder mit möglichst genau dem gleichen Bildausschnitt aufzunehmen, wobei die Kamera zwischen beiden Aufnahmen um ein paar cm seitlich verschoben wird. Die Brennweite etc. muss bei beiden Bildern gleich sein, am besten so im mittleren Bereich. Theoretisch sollte die Kamera auf eine kleine Blende eingestellt werden, um eine möglichst große Tiefenschärfe zu bekommen - das ist aber bei einer Kompaktkamera wie der A710 nicht so kritisch, daher reicht hier die Programmautomatik. Um die Bilder aufzunehmen, stellst du dich etwas breitbeinig hin (Abstand der Füße ca. 30 bis 50 cm), so dass du einen guten Stand hast. Um das erste Foto aufzunehmen, verlagerst du das Gewicht ein wenig auf das linke Bein, wobei der Oberkörper senkrecht bleiben soll, also nicht nach links lehnen. Bei der Wahl des Bildausschnitts merkst du dir einen markanten Punkt in einer der Bildecken, z.B. links unten. Außerdem achtest du darauf, die Kamera genau waagerecht oder senkrecht zu halten, evtl. Gitter einblenden. Dann machst du das erste Foto.
Für das zweite Foto bleibst du genauso stehen, verlagerst das Gewicht aber etwas mehr auf das rechte Bein, so dass der Oberkörper weiterhin senkrecht bleibt und sich um ca. 7 cm nach rechts verschiebt. Für den Anfang kommt es auf den genauen Abstand nicht so drauf an, also 4 bis 5 cm oder 10 bis 15 cm wären auch noch ok. Bevor du den Auslöser drückst, achtest du darauf, dass du den gleichen Bildausschnitt bekommst, d.h. du richtest die Kamera so aus, dass in der betreffenden Ecke wieder der gleiche markante Punkt zu sehen ist und die Kamera wieder waagerecht bzw. senkrecht ausgerichtet ist. Auch dies muss nicht beliebig genau stimmen. Die Reihenfolge, in der du die Bilder aufnimmst, ist natürlich egal, es macht auch nichts, wenn zwischen den beiden Bildern ein wenig Zeit vergeht (solange sich nichts bewegt).
Wenn du die Bilder im Kasten hast, schadet es nichts, sich auf dem Bildschirm anzusehen, ob der Bildausschnitt einigermaßen stimmt.
3. Für die Weiterverarbeitung der Bilder brauchst du eine Software, sehr leicht zu bedienen ist z.B.
StereoPhoto Maker. Weiterhin brauchst du eine "Anaglyphenbrillebrille rot/cyan", die gibt es sehr preisgünstig z.B. bei
Perspektrum, Bestell-Nr. 1002.
4. Wenn du die Bilder auf dem Rechner hast und die Software installiert, öffnest du die beiden Bilder nacheinander (Datei - Linkes/Rechtes Bild öffnen). Dabei solltest du möglichst die richtige Reihenfolge einhalten, also zuerst das linke und dann das rechte Bild (kann bei Bedarf noch geändert werden). Die beiden Bilder werden zunächst nebeneinander angezeigt.
5. Nun müssen die Bilder mit der Justagefunktion ausgerichtet werden. Dabei erscheinen die Bilder ziemlich hässlich in Schwarzweiß mit allerlei roten und cyan Rändern. Diese können nun gegeneinander verschoben und gedreht werden, bis die beiden Bilder sich so gut wie möglich decken. Dabei wirst du feststellen, dass du nur entweder nahe oder nur entfernte Objekte richtig ausrichten kannst und nicht beides gleichzeitig, da die Bilder ja aus unterschiedlichen Positionen aufgenommen sind. Schiebe die Bilder so, dass sich Objekte decken, die eher im Vordergrund sind (aber nicht extrem nah). Wenn du beim Fotografieren alles richtig gemacht hast, brauchst du außer Verschieben und Drehen keine weiteren Einstellungen vorzunehmen.
6. Jetzt erst ist es (endlich) an der Zeit, die Brille aufzusetzen und das justierte Bild anzuschauen. Es erscheint ein schwarzweißes, dreidimensionales Bild. Falls das Bild einen seltsam irritierenden Tiefeneindruck macht, ist vermutlich das linke und das rechte Bild vertauscht. Dann einfach die Justagefunktion abbrechen und Ansicht - Vertausche links/rechts ausführen. Danach müssen die Bilder neu ausgerichtet werden.
7. Wenn die Bilder richtig ausgerichtet sind, die Funktion "Farb-Anaglyph" wählen. Nun kannst du das Stereobild mit der Brille farbig betrachten und das Stereobild als JPG speichern. Das fertige JPG kannst du dann mit einem ganz normalen Bildbetrachtungsprogramm (z.B. IrfanView) und der Brille betrachten.
Anmerkungen:
Die Wiedergabe von Farbanaglyphen ist je nach Bildmotiv nicht absolut perfekt. An kontrastreichen Kanten sieht man meistens, dass die Trennung der beiden Bilder nicht 100%ig ist. Außerdem hat die Farbwiedergabe je nach Bildinhalt mehr oder weniger große Schwächen.
Meine Angaben oben sollen dir nur den Einstieg erleichtern. Ist der erstmal geschafft, sind der Experimentierfreude (Brennweite, Aufnahmeabstand, Positionierung der Bilder, Wiedergabeverfahren) keine Grenzen gesetzt.
Ebenso gibt es allerhand Hilfsmittel zur Erstellung der Bilder, auf die ich hier nicht eingegangen bin, weil sie für den Einstieg nicht unbedingt erforderlich sind.
Viel Spaß
Gruß
elektronikfreak